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So mancher Eisenbahner, der auf ein langes Berufsleben zurückblicken kann, hat viel erlebt. Gern berichten die alten Hasen von früherer Zeit - sei es zu Stammtischen, im Verein oder zu Führungen auf Ausstellungen. Hoch interessant, lehrreich, teils lustig und unvorstellbar - im Vergleich zur heutigen Eisenbahnwelt.
Wir möchten einige solcher Erzählungen hier in loser Folge einem größeren Publikum zugänglich machen. Viel Spaß beim Lesen und herzlichen Dank an die Verfasser der Zeilen!
Die 243er
Der aufmerksame Reisende sieht in den letzten Wochen und Monaten immer häufiger lackglänzende Elloks mit schnittigem Kostüm moderner Formgestaltung auf den elektrifizierten Magistralen unseres Landes. Es handelt sich um Triebfahrzeuge der neuen Baureihe 243 aus dem VEB LEW Hennigsdorf. Zwischenzeitlich technisch erprobt, bewähren sich die nunmehr in Serie gelieferten Maschinen. Sie sind zunächst im Raum Erfurt, Halle/Leipzig und Dresden konzentriert; weitere Standorte werden Schritt für Schritt hinzukommen. Die 243er schließen die Leistungslücken zwischen den Baureihen 211/242 und 250. Bemerkenswert ist, daß einige von ihnen seit Juni 1985 zwischen Dresden und Rostock in Langlaufrelationen Züge bespannen. Die neue Technik wird also auch durch moderne Organisationsformen optimal genutzt. 18 Loks der Baureihe 243 aus sechs Bahnbetriebswerken sind an diesem „komplexen Fahren“ beteiligt, das jetzt die schon seit vielen Jahren erstrebten, aber nur selten verwirklichten Loklangläufe von bis zu 1.000 Tageskilometern ermöglicht...
aus: MODELLEISENBAHNER 04/86; mit freundlicher Genehmigung des GeraMond Verlag
Beitrag aus MODELLEISENBAHNER 04/86 im neuen Fenster öffnen (pdf-Datei)
Plandampf auf der Saftbahn
Bitterfeld ist aufgrund seiner geografischen Lage seit Anfang des 19. Jahrhunderts Knotenpunkt im deutschen Fernstraßennetz. Hier kreuzen sich die Verbindungen von Berlin nach Halle/S. und von Dessau nach Leipzig.
Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich der Braunkohlenbergbau in dieser Region zu entwickeln. Daneben existierten zahlreiche Tonröhrenfabriken, Ziegeleien und Töpferwerkstätten. Im Zuge dieser Entwicklung erhielt Bitterfeld Bedeutung als Eisenbahnknoten - im Jahr 1857 wurde die Strecke nach Dessau eröffnet, bis 1859 folgten die Strecken nach Wittenberg, Leipzig und Halle/S.
Produktion und Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte in der Region und die Eröffnung weiterer Grubenbetriebe und Brikettfabriken ergab die Notwendigkeit, die infrastrukturelle Erschließung durch Eisenbahnstrecken zur Güterabfuhr voranzutreiben. Im Herbst 1882 begannen allgemeine Vorarbeiten für den Bau der Nebenbahn Bitterfeld - Stumsdorf als Verbindung des Eisenbahnknotens Bitterfeld mit der 1840 eröffneten Hauptstrecke Halle/S. - Magdeburg, welche 1883 ihren Abschluß fanden.
Die Dampf-Schneeschleuder des Bw Halle P
Schnee und Eisenbahn – eine herrliche Komposition, eingebettet in eine harmonische Gebirgslandschaft – das wünscht sich jeder Eisenbahnfotograf, um perfekte Aufnahmen zu machen. Die Betriebseisenbahner mögen das weiße Kristall eher weniger, denn selbst bei leichtem Schneefall kommt eine Lok schon einmal ins Schleudern.
Steigen die Schneehöhen, können vor allem die Eisenbahner in Gebirgsregionen mit dem Schnee eher etwas anfangen. Besser gesagt: Früher war man immer gut gerüstet, wenn es darum ging, den Schnee von den Schienen zu räumen. Dass das heute nicht mehr selbstverständlich ist, liegt nicht nur am Klimawandel, sondern sicher auch am Sparzwang mancher Bahnverwaltung.
Einst lagen auf jedem Stellwerk Weichenbesen und Schneeschieber bereit, um die Weichen gangbar zu halten. Es gab Winterdienstpläne, nach denen Personale zum Einsatz kamen, wenn der Eisenbahnverkehr durch stärkere Schneefälle behindert wurde. Dann hielt die Deutsche Reichsbahn an vielen Orten Winterdiensttechnik vor. Schneepflüge waren auf jedem größeren Bahnhof vorhanden und konnten mit Lokomotiven unter sachkundiger Begleitung eines streckenkundigen Mitarbeiters über die Gleise geschoben werden. Dazu musste zwar auch die Strecke gesperrt werden, jedoch hatte das in den meisten Fällen Erfolg, zumal man die Räumfahrten in Zeiten mit weniger Zugverkehr gut über die Strecken brachte. Nächtliche Streckenruhen mit unbesetzten Bahnhöfen und Stellwerken – so wie heute – waren in früheren Zeiten eigentlich nicht verbreitet.
Winterfahrt mit der 211 002
Während meiner Lokführerausbildung im Bw Halle P waren Mitte der achtziger Jahre "Belehrungsfahrten" auf der klassischen DR-Ellok BR 211/242 angesagt. Diese fanden weitestgehend im Personen- und Güterzugdienst statt, man sollte aber vor der praktischen Prüfung schon einmal einen Schnellzug selbst gefahren haben.
Als die elektrischen Lokomotiven des Bw Halle P ab Juni 1984 mit Personen- und Schnellzügen auch zunächst Berlin-Schöneweide und im Herbst auch Lichtenberg erreichten, entstanden attraktive Lokumläufe und Dienstschichten mit der BR 211.
Die Züge der Relation Saalfeld - Berlin fuhren von Camburg bis Schöneweise mit Ellok durch und so kam man schnell auf über 900 Lokkilometer pro Tag. Der Dienstplantag 1 im Dienstplan 5 sah vor, dass wir in Halle (Saale) Hbf ablösen, mit D501 nach Camburg und von dort mit D504 nach Berlin-Schöneweide fahren. Den D507 hatten wir zurück nach Halle zu befördern. Das waren insgesamt 468 km, die sich Kollege Dieter Nagel und ich am 11. Januar 1985 vorgenommen hatten.