Foto: Heiko Heisig

Vor nunmehr 30 Jahren wurde die „Traditionsgemeinschaft Bw Halle P“ gegründet. Die Geschichte begann aber bereits im Jahr 1992 ...

Die im Bahnbetriebswerk Halle P beheimateten betriebsfähigen Museumslokomotiven 18 201, 03 1010 und E18 31 wurden damals von einem recht kleinen Kreis ausgewählter Personale gepflegt, betreut und bedient. Seit dem Traktionswechsel im Bw P in den 1960er Jahren wurden hier keine neuen Lokführer auf Dampf-Traktion mehr ausgebildet. Bis Anfang der 1990er Jahre hatte sich der Personalbestand für die Betreuung der Museumslokomotiven aus Altersgründen derart verringert, dass ein weiterer Einsatz dieser Fahrzeuge für die Zukunft in Frage stand.

Man entschloss sich, junge Nachwuchskräfte auszubilden. Zahlreiche interessierte und hoch motivierte Kollegen bewarben sich daraufhin auf die Bw-interne Ausschreibung. Im ersten Halbjahr 1992 absolvierten 5 „Anwärter“ die theoretische Dampfausbildung an der Lokfahrschule Güstrow. Die Fahrausbildung erfolgte im Juli 1992 auf der 41 1185-2 sowie im November und Dezember 1992 auf der 65 1049-9. Gefahren wurden Nahverkehrszüge der Relation Halle-Halberstadt. Im Juni 1993 erhielten zwei Kollegen die Schulung auf der Museumslok E18 31. Die theoretische Ausbildung erfolgte im Bw Halle P; die anschließende Fahrausbildung erfolgte als Vorspannlokomotive vor Regionalzügen der Relation Halle-Erfurt.

Ab Mitte des Jahres 1992 hatten, zunächst von der Öffentlichkeit unbemerkt, einige junge Lokführer gemeinsam mit engagierten Mitarbeitern aus der Werkstatt die Initiative ergriffen, eines der letzten im Bw Halle P stationierten Exemplare der Baureihe E44, die E44 108, zu erhalten. Mit ihrer Idee rannten sie bei den Vorgesetzten offene Türen ein. Und so zogen diese „jungen Wilden“ mit ihrem Projekt in den Lokschuppen IV ein, wo seit ca. 1990 die anderen halleschen Museumslokomotiven untergebracht waren.

Um alle bis dahin bestehenden Aktivitäten, Interessen und Pläne unter einen Hut zu bringen, lag die Gründung einer BSW-Freizeitgruppe sehr nahe. Diese geplante Traditionsgemeinschaft sollte die „alten Hasen“, den ausgebildeten Lokführer-Nachwuchs, Mitarbeiter aus der Werkstatt, die Aktiven einer seit Jahren im Bw P beheimateten Modellbahngruppe sowie weitere interessierte Eisenbahner vereinen. Der am 07.08.1993 gestellte Antrag auf Anerkennung einer Freizeitgruppe wurde am 28.09.1993 vom BSW-Bezirksvorstand positiv bestätigt. Nun mussten noch die geforderten „Hausaufgaben“ erledigt werden: Satzung und Beitragsordnung erstellen, Konto einrichten, Aufgabenverteilung und Zuständigkeiten klären.

Die Euphorie war riesengroß. Dem Trend der Zeit folgend waren wir bestrebt, noch im Jahr 1993 einen Tag der offenen Tür im Bw Halle P zu organisieren. Dabei sollten neben unserer historischen Fahrzeugsammlung auch Gastlokomotiven und Maschinen aus dem aktiven Betriebsdienst gezeigt werden. Bei der Dienststellenleitung und den übergeordneten Verantwortlichen fanden wir offene Ohren für unsere Ideen und bekamen umfangreiche Unterstützung zugesichert. Es begann eine „generalstabsmäßige“ Vorbereitung der Veranstaltung. Dabei kamen wir schon bei der Festlegung des Veranstaltungstermins ins Schwitzen. Einerseits sollte nicht zur gleichen Zeit in einem anderen Bahnbetriebswerk eine ähnliche Veranstaltung stattfinden. Zum anderen galt es auch die technologischen Belange der eigenen Dienststelle zu berücksichtigen. So einigte man sich schließlich auf den 21. November 1993. Beim Blick in den Kalender wurde uns erst etwas später so richtig bewusst: Der 21. November ist der Totensonntag!!

Unsere anfänglichen Bedenken in Bezug auf die Zuschauerresonanz bestätigten sich zum Glück nicht. Im Gegenteil, unser erster Tag der offenen Tür wurde ein voller Erfolg. Bis in die Mittagsstunden waren bereits 4.000 Besucher gezählt worden. Übrigens, mit unseren zukünftigen Gruppenmitgliedern allein wäre diese Veranstaltung nicht zu realisieren gewesen. Für die Betreuung der vielen ausgestellten Lokomotiven konnten wir eine Reihe von interessierten Lokführern unserer Dienststelle gewinnen und für die Verpflegung der Besucher und Personale war die komplette Kantinenbesatzung aktiv mit dabei. Einige Mitarbeiterinnen aus der Verwaltung unterstützten uns bei Verkauf und Kontrolle der Eintrittskarten.

Foto: Heiko Heisig

Neben den von unserer Gruppe betreuten Lokomotiven, 18 201, 03 1010, 52 4900, E 11 001 (Einsatz der auf S-Bahn Halle), E 18 31, E 44 108 und E 95 02, konnten wir folgende historischen Fahrzeuge den Eisenbahnfans präsentieren: 03 204 aus Cottbus, 50 3695-9 und 65 1049-9 aus Staßfurt, E 04 01 aus Leipzig-West, E 94 056 aus Leipzig-Engelsdorf und SVT 137 225 aus Leipzig-Süd. Aus dem Fahrzeugpark der aktiven Betriebslokomotiven wurden ausgestellt: 103 243-2, 109 089-3, 110 372-0, 112 113-6 und Steuerwagen 040, 120 117-7, 140 701-4, 142 120-5, 143 370-5, 151 144-3, 155 001-1, 218 217-8, 228 104-6, 232 575-1 und 345 147-3.

Die Dampflokomotiven wurden vor dem Lokschuppen IV präsentiert und die Lokomotiven der Diesel- und E-Traktion wurden im Bereich des Lokschuppen III aufgestellt. Als Rahmenprogramm gab es für die Besucher im Bereich Schuppen IV Führerstandmitfahrten auf den Dampflokomotiven. E 11 001 und 112 025-2 verkehrten planmäßig auf der S-Bahn Halle. Mit dem SVT 137 225 wurden Schnupperfahrten von Halle Hbf, Bahnsteig 1/2 über den sogenannten „Semmering“ nach Halle Hbf, Bahnsteig 11/12 durchgeführt.

Wie anfangs erwähnt, am 15.02.1994 wurde unsere BSW-Freizeitgruppe von 43 Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben. Personell vergrößerten sich die Gruppe sowie der spätere eingetragene gemeinnützige Verein im Laufe der Jahre kontinuierlich. Den höchsten Mitgliederdtand konnten wir im Jahr 2020 mit 114 Mitgliedern verbuchen; aktuell zählen wir 79 Mitstreiter - und von den damaligen Gründungsmitgliedern sind immer noch 11 mit dabei!!! Dies soll auch Ansporn sein, den Staffelstab weiter zu geben und an unserem seit 30 Jahren bestehenden Ziel fest zu halten: Erhalt historischer Eisenbahnfahrzeuge und deren Präsentation in Aktion!