BahnbetriebswerkDie Geschichte des Bahnbetriebswerkes Halle P geht auf das Jahr 1863 zurück. Zu diesem Zeitpunkt nahm die „Werkstatt Halle" als Reparaturstelle für Eisenbahnfahrzeuge ihre Arbeit auf. Aus ihr ging später das Reichsbahnausbesserungswerk Halle hervor.

Für kleinere Instandhaltungsarbeiten unterhielt man parallel dazu eine Betriebswerkstatt, die wegen ihrer Zuordnung zum Lokomotivdienst als Ursprung der späteren Halleschen Bahnbetriebswerke zu sehen ist. Bereits 1905 erwog die „Königlich Preußische Eisenbahnverwaltung" (KPEV), die Betriebswerkstätten aus der Hauptwerkstatt auszugliedern. Für die Ausbesserung der Lokomotiven verfügte die Werkstatt zunächst über drei überdachte und zehn offene Reparaturgleise.

Im Jahr 1919 untergliederte man die Betriebswerkstatt in die Bahnbetriebswerke Halle G und Halle P. Das Bw Halle G setzte seine Maschinen ausschließlich im Güterzug- und Rangierdienst ein, während das Bw Halle P die Schnell- und Personenzuglokomotiven beheimatete. Nach der Wiedervereinigung beider Betriebswerke im Jahr 1924 trennte die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) 1930 ein so genanntes "Bw elektrisch" ab und funktionierte es zu einer selbständigen Dienststelle mit der Bezeichnung "Bw Halle 2" um. Das ursprüngliche Bahnbetriebswerk hieß nun "Bw Halle 1". Im Rahmen dieser Umstrukturierung bekamen die vorhandenen Lokomotivschuppen neue Bezeichnungen. Die Schuppen des Bw Halle G erhielten die Nummern I und II (Ostseite Berliner Brücke), die Schuppen des Bw Halle P die Nummern III (Westseite Berliner Brücke), IV (heutiger Museumsschuppen an der Steintorbrücke) und V (E-Lok-Schuppen auf dem Güterbahnhof). Diese Kennzeichnung besteht bis in die heutige Zeit.

Der imposante Rechteckschuppen (V) wurde zwischen 1887 und 1892 gebaut und besaß 41 Stände. Der 1890/1891 errichtete Ringschuppen III verfügte über 22 Gleise. Der Ringschuppen IV wurde im Jahr 1895 mit zunächst neun Gleisen in Betrieb genommen und im Jahr 1908 auf 17 Gleise erweitert.

In den 1920er und 1930er Jahren war das Bw Halle mit über 1200 Beschäftigten im Betriebsmaschinendienst und ca. 400 Mitarbeitern in der Wagenunterhaltung eines der größten Bahnbetriebswerke Deutschlands.

Im Verlauf der 1930er Jahre entwickelte sich das Bw Halle P zum klassischen Bahnbetriebswerk für Schnellzugdampflokomotiven. Neben den Baureihen 01 (ab 1935) und 03 (ab 1933) wurden hier auch die Stromliniendampfloks der Baureihe 01.10 sowie die Baureihen 38.10-40 und 39.0-2 beheimatet. Aber bereits mit der Aufnahme der elektrischen Zugförderung zwischen Halle und Leipzig im Juni 1922 übernahm das Bw Halle auch seine ersten Elektroloks, deren Unterhaltung im Lokschuppen V erfolgte.

Mit der nächsten Strukturänderung im August 1937 löste man das Bw Halle 2 wieder auf und gliederte es als Gruppe „Elektrisches Licht und Kraftanlagen" dem Bw Halle 1 an. Bei diesem fiel nun die Ergänzung 1 wieder weg und es hieß erneut Bw Halle. Im März 1943 gliederte man die Gruppe „Elektrisches Licht und Kraftanlagen" des Bw Halle der Fahrleitungsmeisterei an. Im November 1944 unterteilte man des Bw Halle ein zweites mal in Bw Halle G und Bw Halle P.

Nach der Einstellung der elektrischen Zugförderung in Mitteldeutschland und dem Abtransport aller Anlagen und Elektroloks in die Sowjetunion waren ab 1946 im Bw Halle P ausschließlich Dampflokomotiven stationiert. In großer Stückzahl waren die BR 03 und 38 anzutreffen; außerdem Vertreter der BR 62, 74, 86, 91 und 92. Erst ab 1955 zogen wieder elektrische Lokomotiven der Baureihen E44, E94, E95 und E18 in den Schuppen V ein. Ab den 1960er und 1980er Jahren waren dann auch die Neubaureihen E11, E42, 243 und 250 in großer Stückzahl im Bw Halle P beheimatet.

Die im Jahr 1951 neu gebildete Lokomotiv-Versuchsanstalt Halle (spätere VES-M) beheimatete ihre eingesetzten Lokomotiven im Bw Halle P und ließ diese dort unterhalten. Im Rahmen des Neubauprogramms der Deutschen Reichsbahn der DDR unterzog man in den folgenden Jahrzehnten sämtliche neu entwickelten Baureihen einer gründlichen Betriebserprobung. Dabei wurden exakte Forderungskataloge für die Lokomotiven erstellt. Unter Leitung von Dipl. Ing. Max Baumberg entstanden u. a. die beiden Sonderbauarten 18 201 und 18 314, die als Zuglokomotiven dem Test neuer, für den Export bestimmter Reisezugwagen dienten. Mit Riggenbach - Gegendruckbremse und Giesl- Flachejektor ausgerüstet, diente auch die 03 1010 als Bremslok. Ebenfalls im Bw Halle P waren zu diesem Zeitpunkt die Rekolokomotiven 19 015, 19 017 und 19 022 stationiert. Zu den Sonderlingen der VES-M gehörte neben 23 001 und 23 002 die rekonstruierte 79 001, eine Personenzug- Tenderlokomotive französischer Herkunft.

Als erste Diesellokomotiven erprobte die VES-M Halle ab 1960 die Baureihen V15 und V60. Die umfangreichen Messungen lieferten wichtige Erkenntnisse für die Entwicklung der geplanten Baureihen V100 und V180. Der Import der sowjetischen Großdiesellokomotiven der Baureihen V200 und V300 bescherten der Versuchsanstalt ab 1966 nochmals viel Arbeit. Für die V200 galt es einen brauchbaren Schalldämpfer zu entwickeln. Die Baureihe V300 benötigte eine betriebstaugliche elektrische Zugheizung. Zum Einsatz kamen dabei die beiden Baumuster- Lokomotiven 130 101 und 130 102. Auch die Baumusterlokomotiven der elektrischen Lokomotiven E11, 250, 243 und 212 wurden hier umfangreichen Tests unterzogen und zum Teil zu Plandienstleistungen des Bw Halle P eingesetzt.

1960 erhielt das Bw Halle P mit vier Maschinen der Baureihe V15 die ersten neu entwickelten Diesellokomotiven. Später folgten Fahrzeuge der Baureihen V60, V100, V180, 132 und 119. Im Jahr 1969 galt der Traktionswechsel im Bw Halle P im Großen und Ganzen als abgeschlossen. Ein paar Zahlen sollen das veranschaulichen: Im Jahr 1950 verfügte das Bw Halle P über 136 Dampflokomotiven (überwiegend BR 03, 38 und 74), 4 Diesellokomotiven sowie 12 Verbrennungstriebwagen. Im Jahr 1960 waren 97 Dampfloks, 10 Dieselloks, 25 Elloks und 3 Verbrennungstriebwagen hier beheimatet. Im Jahr 1970 waren noch 23 Dampfloks aufgeführt; die meisten bereits z-gestellt. Es gehörten 56 Dieselloks und 79 Elloks zum Bestand.

Während die Dieselloks anfangs zum Bestand des Bw P gehörten, erfolgte die werkstattseitige Unterhaltung ausschließlich im Bw G. Lediglich die Wartung einzelner Fahrzeuge wurde bis 1990 im Schuppen IV des Bw Halle P durchgeführt. Anfang 1984 wurden alle Diesellokomotiven an das Bw Halle G abgegeben. Im so genannten "Bw Halle Paula" waren fortan nur noch Elektroloks stationiert. Durch die fortschreitende Elektrifizierung des Streckennetzes hatte sich die Zahl der beheimateten Lokomotiven ohnehin zu Gunsten der elektrischen Traktion verschoben. Während im Jahr 1975 noch 88 Diesellokomotiven und 78 Elloks zum Bestand des Bw Halle P gehörten, waren im Jahr 1985 lediglich 30 Dieselmaschinen aber 118 Elloks hier beheimatet.

Übrigens, in der "Ellok- Hochburg" Halle schlossen mit Edith Böttcher, Ruth Evers und Anni Rausch im Oktober 1961 die ersten drei Frauen erfolgreich ihre Lokführerausbildung ab.

Zum Bahnbetriebswerk Halle P gehörten die Einsatzstellen Wettin (bis 1963), Halle Turmstrasse (bis 1965), Halle Klaustor (bis 1968), Gerbstedt (bis 1968), Löbejün (bis 1991) und Bitterfeld (bis 1993). 1994 wurde das Bw Halle P im Zuge der Bahnreform in einen Betriebshof und ein Werk umgewandelt. Beide wurden ab Januar 1999 als eine Zweigniederlassung der DB Regio AG geführt. Diese übernahm ein Jahr später die ehemalige Fahrzeughalle der Versuchsanstalt in der Volkmannstrasse und baute sie zu einer modernen Werkstatt um. Anschließend wurde der Schuppen V am 31.12.2002 offiziell geschlossen. Der Lokschuppen III, seit Mitte der 1990er Jahre ungenutzt, verfällt zunehmend. Im Lokschuppen IV befindet sich eine Außenstelle des DB Museum Nürnberg.